Geschichte der Katholischen Kirchengemeinde St. Josef Hollage


Text: Josef Pott


Der Wunsch, in Hollage eine eigene Kirchengemeinde zu gründen, bestand bereits Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Mit Rücksicht auf den Bau der neuen Alexanderkirche in Wallenhorst, der das gesamte Kirchspiel mit Schulden in Höhe von 60.000 Mark belastete, unterblieb aber die Verselbständigung. Das gesamte Kirchspiel trug zunächst einmal gemeinsam die Kosten dieser neuen Alexanderkirche.


Nachdem das Kirchspiel auf etwa 3.500 Seelen angewachsen war, äußerte man in Wallenhorst den Wunsch nach einem dritten Geistlichen. Das war Anlass dafür, in Hollage erneut die Verselbständigung zu diskutieren, wobei dann der dritte Geistliche in Hollage wirken sollte. Am 8. Dezember 1920 fand eine Gemeindeversammlung statt, die einmütig den Beschluss fasste, einen Kirchbau zu erstellen und die Abtrennung vom Kirchspiel Wallenhorst vorzunehmen. Zur Vorbereitung und Durchführung dieses Vorhabens wurde eine zwölfköpfige Kommission gewählt, an deren Spitze Hauptlehrer Egbers stand.


Kirche St. Josef Hollage

St. Josef Hollage


Man begann sofort mit Spendenaktionen. Drei große Sammlungen erbrachten Beträge von 730.000 Mark. Diese Summen sehen auf den ersten Blick enorm aus. Sie werden jedoch verständlich, wenn man bedenkt, dass St. Josef Hollage in der Inflationszeit gebaut wurde. Spenden kamen im übrigen nicht nur aus Hollage, auch in vielen Gemeinden der Umgebung wurde gesammelt. Die Frage des Standorts der neuen Kirche klärte sich dadurch, dass das Grundstück vom Bauern Wulftange geschenkt wurde.


Grundsteinlegung im Jahre 1921


Begonnen wurden die Arbeiten mit der Grundsteinlegung im Juni 1921. Die Maurerarbeiten führte die Osnabrücker Firma Beckmann durch, die Zimmer- und Tischlerarbeiten wurden an die hiesige Firma Goldkamp vergeben. Im übrigen wurde damals wie heute der ehrenamtliche Einsatz der Gemeindeglieder groß geschrieben. Ehrenamtlich war auch die Planung und Bauüberwachung durch die Herren Lagemann und Voss.


Das Material zum Bau der Kirche kam größtenteils aus der Gemeinde selbst. Die Steinbrüche der Umgebung, in der Gemeindeglieder unentgeltlich Steine für den Kirchbau brachen, die Ziegelei und das heute nicht mehr vorhandene Kalkwerk im Bereich „Hollager Straße/Nachtigallenweg“ der Firma Möller waren die wichtigsten Lieferanten dieses großen Bauvorhabens. Die Fuhren sowie die notwendigen Erdarbeiten wurden von Gemeindeglieder unentgeltlich geleistet. Im Winter 1921/22 war der Kirchbau bereits unter Dach.


Einweihung im Jahre 1922 durch Bischof Dr. Wilhelm Berning


In einer weiteren Gemeindeversammlung im Februar 1922 wurde dann der Bau eines Pfarrhauses beschlossen, den man im Laufe des Jahres 1922 ausführte. Die Kirche war im Oktober 1922 soweit hergestellt, dass sie von Bischof Dr. Wilhelm Berning eingeweiht werden konnte. Es fehlte zum damaligen Zeitpunkt allerdings noch weitgehend die Innenausstattung. Hier half zunächst die Wallenhorster Muttergemeinde aus, die Kirchenbänke, Altarleuchten, Messbuch, Ankleidetisch und einen Notbeichtstuhl den Hollagern leihweise überließ.


Für die weitere Ausstattung der Kirche gab es wiederum reichlich Spenden. Vom Inhaber der Hollager Ziegelei wurde beispielsweise der Sandstein zum Unterbau des Altares gestiftet, das Material für den Taufstein wurde gegen eine kleine Entschädigung zur Verfügung gestellt. Auch ehemalige Hollager waren mit Spenden an diesem Werk beteiligt. So liest man von einer Spende von 30.000 Mark, die aus St. Louis in Amerika von den nach dorthin ausgewanderten Gebr. Bergmann registriert wurden. An anderer Stelle vermerkt der Chronist mit Bedauern, dass eine Spende von 100.000 Mark von Dechant Bergmann aus St. Louis, die für den Hochaltar gedacht war, wegen der Geldentwertung praktisch verloren ging.


Viele Spenden und keine Schulden


Die Gesamtkosten für den Kirchbau beliefen sich auf 2.016.000 Papiermark. Der Kirchbau in Hollage wurde ohne Schulden fertiggestellt. Die Vollendung des Kirchbaues bedeutete allerdings noch nicht die Verselbständigung der Hollager Kirchengemeinde. Nach Anhörung der Beteiligten verordnete der Osnabrücker Bischof am 22. Mai 1923 die Errichtung der Kuratie-Gemeinde Hollage.


Die vermögensrechtlichen Bestimmungen der Abpfarrungsurkunde sehen einige interessante Regelungen zugunsten der Muttergemeinde Wallenhorst vor, die teilweise auch heutzutage noch ihre Nachwirkungen zeigen. Die Hollager Gemeinde verzichtete auf das gesamte Vermögen der Pfarrgemeinde Wallenhorst und damit auch auf Grundbesitz des Kirchspiels. Weiterhin blieben die Hollager verpflichtet, die dinglichen und geldlichen Abgaben an die kirchlichen Stellen bzw. an die Kirche Wallenhorst in der bisherigen Weise weiter zu entrichten oder abzulösen. Gemeint war mit diesen Abgaben das Messkorn, das dem Pfarrer bzw. der Küsterei in Wallenhorst zustand und das insgesamt 14 Hollager Grundeigentümer auch nach der Abpfarrung weiterhin nach Wallenhorst zu liefern hatten. Diese Verpflichtung hatte bis 1963 Geltung. Am 23. August 1963 beschloss der Wallenhorster Kirchenvorstand die Abtretung der Messkornlasten. Diese Abgabe wird heute nicht mehr erhoben, die betroffenen Landwirte haben sie inzwischen durch einmalige Zahlung abgelöst.


Mariensäule ist Wallenhorster Eigentum


Gegenstand einer besonderen Regelung war die Mariensäule an der ,,Piusstraße“. Diese wurde zum Gedenken an das 25-jährige Papstjubiläum Pius IX. (1871) vom Kirchspiel errichtet. Der Platz hierfür wurde aus dem Anwesen Clausing (jetzt Vartmann) bereitgestellt. Laut gemeinsamer Vereinbarung des Wallenhorster Kirchenvorstandes und der Hollager Kommission vom 5. Februar 1923 sollte sie beiden Kirchengemeinden gemeinschaftlich verbleiben. Eine vermögensrechtlich klare Regelung in der Verordnung zur Abpfarrung unterblieb jedoch, da der Wallenhorster Kirchenvorstand mit Mehrheit gegen eine Protokollierung dieser Vereinbarung stimmte. Die Mariensäule steht im Eigentum der Wallenhorster Kirchengemeinde.


Mariensäule an der Piusstraße

Mariensäule an der Piusstraße


Mit vielen Spenden konnte man in den Folgejahren die Kirche ausmalen, drei Bronzeglocken (1929) und zu Weihnachten 1932 die neue Orgel einweihen. Bis 1932 hatte man sich mit einer kleinen vollkommen ungenügenden Orgel beholfen, die bereits Jahrzehnte vorher den Katholiken in Nordstrand gedient hatte. Die beiden größten Bronzeglocken wurden am 9. Mai 1942 für Kriegszwecke abmontiert und eingezogen. Ein Vollgeläut erhielt die Kirche erst wieder im Dezember 1954. Die noch vorhandene alte Bronzeglocke wurde um drei Stahlglocken ergänzt, von der die größte 1.250 kg bei einem Durchmesser von 1,51 m wiegt.


Friedhof im Jahre 1925 errichtet


Beerdigungen wurden bis 1925 in Wallenhorst vorgenommen. Nach Gründung der neuen Kirchengemeinde entschloss man sich auch sehr rasch, in Hollage einen Friedhof einzurichten. Der Platz zwischen der „Egbersstraße“, der „Pielagestraße“ und der „Boeckerstraße“ wurde ebenfalls vom Bauern Wulftange gestiftet.


Alte Friedhofskapelle (Muttergottes-Kapelle)

Alte Friedhofskapelle mit Mahnmahl für die Gefallenen und Vermissten der Weltkriege


Der Friedhof erhielt 1956 die Kapelle. Diese Bruchsteinkapelle wurde allein vom Gemeindemitglied Franz Barlag in unermüdlichem Einsatz gemauert. Das Material für diese Kapelle wurde weitgehend gestiftet; viele weitere Arbeiten wurden ehrenamtlich geleistet. Das Kriegerehrenmal an der Friedhofsmauer gestaltete der Bildhauer Georg Hörnschemeyer, ein Sohn der Hollager Gemeinde. Nachdem eine Erweiterung der Friedhofsfläche notwendig wurde, übernahm die politische Gemeinde die Trägerschaft des gesamten Hollager Friedhofs.



Unsere Vorfahren - solidarisch - pflichterfüllt - Vorbild! Erinnerungen an die Gründer der Hollager Kirche


Text: Franz-Joseph Hawighorst


Die Geschichte eines Ortes ist die Geschichte der Menschen, die hier lebten. Auch weil wir in einer „modernen“, aber manchmal auch ein wenig unpersönlichen Zeit leben, ist es geboten, an Menschen zu erinnern, die in den vergangenen zwei Jahrhunderten hier ihre Spuren hinterlassen haben. Das 100-jährige Jubiläum der Hollager Kirchengemeinde St. Josef gibt zum Beispiel Anlass, Persönlichkeiten vorzustellen, die sich vor 100 Jahren beim Bau der Kirche im Ort verdient gemacht haben.


Das alte Kirchspiel Wallenhorst bestand vor 100 Jahren aus den Gemeinden Hollage, Lechtingen, Pye und Wallenhorst. Gemeinderäte gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht. Alle wichtigen Entscheidungen wurden in Gemeindeversammlungen getroffen. Es gab aber schon die Person, die im Ort für die Gemeinde handelte. Dies war damals der Vorsteher.


1919 wurden durch Gesetz die Gemeindeversammlungen in der bisherigen Form abgeschafft, die Bürger wählten erstmals „Gemeindevertretungen“. Bei dieser ersten Wahl in Hollage war Colon Gerhard Kollenberg bereits seit 14 Jahren als Vorsteher im Amt. Er blieb noch bis September 1920 als Vorsteher der wichtigste Politiker in Hollage, dem dann Colon Heinrich Wulftange folgte.


Es war die Zeit, in der sich die Menschen noch sehr bewusst als Teil der Gemeinschaft in ihren Gemeinden verstanden. Das Denken „Wir sind die Gemeinde“ war auch nach der Zeit der Gemeindeversammlungen noch selbstverständlich. In den Teilnehmerlisten von Gemeindeversammlungen und auch in den Mitgliederlisten der damaligen Gemeinderäte in allen Orten ist aber noch nirgendwo der Name einer Frau verzeichnet. Es trafen sich in der Öffentlichkeit immer nur die Männer.


Die Annahme, die Frauen seien über Jahrhunderte hinweg unbeteiligt gewesen, wenn es um das Wohl und Wehe unserer Gemeinden ging, dürfte aber falsch sein. Es wird in vielen Familien so gewesen sein, dass die Männer in Gemeindeversammlungen eine Meinung vertraten, die vorher in der Familie besprochen war und die auch die Meinung der Ehefrauen war.


So war es auch, als im Januar 1921 eine Gemeindeversammlung in Hollage stattfand, an der 120 Männer teilnahmen, die den Bau einer eigenen Kirche beschlossen und dazu einen Kirchbauverein gründeten. Die 120 Männer vertraten alle Hollager Familien mit Ausnahme der Familien in der Nassen Heide, die in der Kirchengemeinde St. Alexander verbleiben wollten. Dass dies möglich war, das lag daran, dass alle Hollager auch gemeinsam der Meinung „wir sind die Kirche“ waren und dies auch so lebten.


Es waren aber vor allem zwei starke Persönlichkeiten, die die Hollager durch die schwere Nachkriegszeit führten. Dies waren der damals 66-jährige Hauptlehrer Bernhard Egbers und der 60-jährige Colon Gerhard Kollenberg. Heute sollen Gerhard Kollenberg und auch der ebenfalls zur Kirchbaukommission zählende Colon Ferdinand Niehaus vorgestellt werden.


Gerhard Kollenberg


Gerhard Kollenberg führte seit 1898 seinen Hof in Brockhausen. Nach dem frühen Tod seiner Ehefrau war der Landwirt auch alleinerziehender Vater. Er war nicht nur mehr als ein Jahrzehnt Hollager Vorsteher, sondern auch als Vertreter seiner Heimatgemeinde Mitglied im Kreistag. Den Hollager Kirchbau hatte Gerhard Kollenberg bereits mit einigen Mitstreitern vorgedacht, bevor sich die Hollager zu einer ersten Gemeindeversammlung hierzu in der Adventszeit 1920 trafen.


Seinen Schwiegersohn Georg Lagemann hatte er frühzeitig in seine Pläne einbezogen. Ihn hatte er als ehrenamtlichen Kirchenplaner gewonnen, der bereits am 27. Januar 1921 erste Baupläne präsentierte. Seine erste Aufgabe übernahm der „alte Kollenberg“ bereits im Dezember 1920, als er mit Bernhard Egbers und Ferdinand Niehaus gemeinsam in Osnabrück Bischof Wihelm Berning aufsuchte und sich dort den „bischöflichen Segen“ für das Vorhaben der Hollager einholte.


Beim Lesen der alten Aufzeichnungen fällt auf, dass die Pläne für das Hollager Kirchengebäude von der Landkreisverwaltung besonders schnell und „zeitnah“ geprüft wurden. Am 1. Mai 1921 hatte Georg Lagemann die Baupläne fertiggestellt und den Bauantrag gestellt. Am 31. Mai war im Landratsamt die Prüfung bereits abgeschlossen, die Baugenehmigung für das große Bauvorhaben in Hollage wurde erteilt. Da bleiben keine Zweifel, dass der Kreistagsabgeordnete Gerhard Kollenberg sich beim Landrat persönlich in der ihm eigenen Art dafür verwandt hatte, dass sich die Behörde doch bitte dem sehr engen Zeitplan der Hollager Baukommission anpassen möge.


Die Hollager Kirche wurde schuldenfrei und ohne Zuschüsse nur durch Spenden aus Hollage und aus umliegenden Gemeinden und durch erhebliche Eigenleistungen gebaut. Gerhard Kollenberg wurde bereits im Dezember 1920 Mitglied der Kommission zur Geldbeschaffung und war selbst im Kirchspiel Neuenkirchen und in Rieste mit guten Sammelergebnissen unterwegs.


Ein Journalist der Neuen Tagespost schrieb 1949 einige Monate vor dem Ableben von Gerhard Kollenberg in einem größeren Beitrag über Hollage: „Was der alte Kollenberg sagte, war oft eckig, rau, wenig geschliffen, aber es hatte Hand und Fuß. Hier sprach ein Mann von altem Schrot und Korn.“


Ferdinand Niehaus


Ferdinand Niehaus als ein weiterer wichtiger Mitstreiter in der Hollager Kirchbaukommission war von 1890 bis 1896 ebenfalls Vorsteher in dieser Gemeinde. Auch er gehörte zu den Männern, die außerhalb von Hollage als „Bettler“ Spenden sammelten. Er dürfte derjenige gewesen sein, der zum Sammeln die weiteste Reise machte. Ferdinand Niehaus ging in Haselünne, der Heimat seiner Frau Helene, von Haus zu Haus.


Ferdinand Niehaus und Gerhard Kollenberg haben mit ihren Pferdefuhrwerken manche unentgeltliche Fahrt für den Kirchbau gemacht, um Bausteine aus dem Steinbruch, Kalk vom Kalkofen der Fa. Möller, Baumaterialien von der Hollager Ziegelei oder gefällte Bäume aus den Wäldern in Hollage und Umgebung zu transportieren.


Nicht überliefert ist, wer im Dezember 1920 auf seinem Hof anspannte, als Bernhard Egbers, Gerhard Kollenberg und Ferdinand Niehaus mit dem Besuch bei Bischof Wilhelm Berning den Startschuss für die Planung der Hollager Kirche gaben. Es wird auf jeden Fall eine umweltfreundliche Fahrt über den Piesberg mit einer von Pferden gezogenen Kutsche gewesen sein.


Bekannt ist, dass in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts zwei Hollager Familien erstmals Autobesitzer wurden. Um in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Frauen in unserer Gesellschaft zurückzukommen: Eines dieser zwei ersten Autos wurde damals von einer Frau gefahren. Maria Lagemann als Tochter von Gerhard Kollenberg hatte ganz offensichtlich das nötige Selbstbewusstsein ihres Vaters geerbt und war in Hollage die erste Frau am Steuer. Im Dezember 1920 aber war Hollage noch autofrei.


Die führenden Männer der Hollager Kirchbaukommission waren im Ort Vorbild. Alle Bewohner haben sowohl bei den Arbeitseinsätzen als auch bei den Geldspenden nach ihren Möglichkeiten mitgemacht, auch weil sie sahen, wie die führenden Kommissionsmitglieder mit gutem Beispiel vorangingen.